Sommerliche Temperaturen, ausverkaufte Sitzplatztribünen, spannende Entscheidungen: Alles ist angerichtet für stimmungsvolle Deutsche Leichtathletik-Meisterschaften an diesem Wochenende im Kasseler Auestadion. Vom Trackteam BURG-WÄCHTER sind Langstrecklerin Alina Reh (SCC Berlin) über 5.000 Meter und Sprinter Luis Brandner (LC Top Team Thüringen) über 100 und 200 Meter in Nordhessen dabei. Weitsprung-Medaillenkandidat Oliver Koletzko (VfB Stuttgart) verzichtet hingegen auf den DM-Start. „Zeitlich wird es einfach zu knapp mit der Anreise zur U23-EM“, so der amtierende U20-Europameister. Im finnischen Espoo steht bereits am kommenden Donnerstag die Qualifikation auf dem Programm. Diskus-Ass Mika Sosna (TSG Bergedorf) muss verletzt passen. Der U20-Weltrekordler hatte sich Mitte Juni einen Außenbandriss im Sprunggelenk zugezogen.
Alina Reh startet als Titelverteidigerin
Schon seit 2015 startet Alina Reh (SCC Berlin) bei Deutschen Meisterschaften in der Frauenklasse. Erstmals lief sie vor acht Jahren in Nürnberg als Youngster sensationell zum 5.000-Meter-Titel. Am Samstagnachmittag (18:10 Uhr) könnte die 26-Jährige in Kassel DM-Titel Nummer vier auf dieser Distanz gewinnen. Es wäre ihr erster im Auestadion. Als dort 2016 letztmals Deutsche Meisterschaften ausgetragen wurden, war Alina Reh nicht dabei, sondern bereitete sich auf die anstehenden U20-Weltmeisterschaften vor.
„Das Training lief zuletzt gut, die Form scheint zu passen“, blickt die Laichingerin optimistisch auf Kassel voraus. Mit einer Jahresbestzeit von 15:10,59 Minuten belegt Alina Reh Platz zwei der Meldeliste. Nur die Hindernisspezialistin Lea Meyer (TSV Bayer 04 Leverkusen) war 2023 mit 15:06,39 Minuten etwas schneller. „Sie ist wahrscheinlich meine größte Konkurrentin. Lea ist stark in Form, das hat sie vergangene Woche mit einer Top-Zeit über 3.000 Meter Hindernis gezeigt“, weiß Titelverteidigerin Alina Reh um die Stärken der EM-Zweiten von München.
Taktisches 5.000-Meter-Rennen erwartet
Da die Leverkusenerin ebenfalls für die 3.000 Meter Hindernis am Sonntag gemeldet ist, erwartet Alina Reh ein taktisches Rennen: „Ich denke nicht, dass Lea oder andere sehr viel fürs Tempo machen werden.“ Eine weitere Medaillenkandidatin ist am Samstag Eva Dieterich (LAV Stadtwerke Tübingen). Sie trainiert wie Alina Reh bei Isabelle Baumann in Tübingen. Zwar ist die 24-Jährige mit einer Bestzeit von 15:36,66 Minuten ein wenig langsamer als das Top-Duo, konnte aber zuletzt Alina Reh bei einem 1.500-Meter-Rennen bezwingen. Außerdem geht Eva Dieterich enorm motiviert ins Rennen. Sie stammt aus Kassel und startete über viele Jahre für das Laufteam Kassel.
Eine deutsche Top-Läuferin ist am Samstag nicht dabei. Oder genauer gesagt: nicht über 5.000 Meter. Europameisterin Konstanze Klosterhalfen (TSV Bayer 04 Leverkusen) ist in Kassel über 800 Meter gemeldet. Dort unterzieht sich die 26-Jährige einem „Tempo-Test“ unter Wettkampfbedingungen. Die Saisonbestzeit der Leverkusenerin über 5.000 Meter steht aktuell bei 15:13,06 Minuten.
Luis Brandner im Doppeleinsatz
Die 100-Meter-Rennen zählen traditionell zu den Highlights bei Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften. Das wird auch bei der 123. Auflage am Wochenende in Kassel der Fall sein. Mittendrin im großen Feld der 40 Starter ist Luis Brandner. Der Sprinter vom LC Top-Team Thüringen rangiert mit 10,52 Sekunden auf Platz 21 der Meldeliste. „Es ist dieses Jahr extrem eng. Dadurch sind spannende Rennen garantiert, schon in den Vorläufen“, so der 22 Jahre alte Erfurter.
Von den 40 Sprintern qualifizieren sich in den Vorläufen am Samstag (14:25 Uhr) 24 fürs Halbfinale um 17:10 Uhr. Die acht Top-Läufer ermitteln dann um 18:37 Uhr den Deutschen Meister. „Ich bin fit und der Körper ist bereit. Mein Ziel ist es, eine neue Saisonbestzeit zu laufen. Dann kann ich von einem gelungenen Tag sprechen“, schaut Luis Brandner voraus. Dass die Tagesform über den Einzug ins Halbfinale und Finale entscheidet, zeigt ein Blick auf die Meldelisten. Allein im Bereich zwischen 10,40 und 10,55 Sekunden tummeln sich 14 Läufer, darunter auch Luis Brandner.
Für einen Finalplatz wird wahrscheinlich eine Zeit unter 10,40 Sekunden nötig sein. Die ist Luis Brandner in diesem Jahr noch nicht gelaufen. Seine Bestzeit aus dem Jahr 2020 steht allerdings bei 10,36 Sekunden. Etwas schneller war in dieser Saison bereits sein Trainingspartner Julian Wagner unterwegs. Er führt mit 10,11 Sekunden die Meldeliste an. Auch Robin Ganter (MTG Mannheim), Yannick Wolf (LG Stadtwerke München; beide 10,16 sec) und Kevin Kranz (Sprintteam Wetzlar; 10,18 sec) sind in diesem Jahr bereits unter 10,20 Sekunden geblieben.
Über 200 Meter ist viel möglich
Für Luis Brandner ist am Wochenende in Kassel eine „Doppelschicht“ angesagt. Am Sonntag stehen die 200 Meter auf dem Programm. Mit einer Meldezeit von 21,39 Sekunden rangiert Luis Brandner auf Platz 15. Die Zeit spiegelt jedoch nicht das Potenzial des Studenten auf der halben Stadionrunde wider. „Da möchte ich schon mehr zeigen und wenn möglich das Finale erreichen“, so der Erfurter. Auf den 200 Metern kommt es ohnehin darauf an, welche Sprinter nach den 100 Metern und der 4×100-Meter-Staffel am Samstag noch fit sind für weitere Rennen am Sonntag.
Auf die „Kurzstrecke“ am Samstag verzichtet Joshua Hartmann. Der 200-Meter-Spezialist vom ASV Köln konzentriert sich auf die halbe Stadionrunde. Mit 20,39 Sekunden führt der EM-Fünfte die deutsche Bestenliste deutlich an. Passen Wetter und Wind, könnte für Joshua Hartmann zum Ende der Deutschen Meisterschaften am Sonntag (Finale: 19:30 Uhr) sogar der deutsche Rekord von Tobias Unger in Reichweite kommen. Der steht seit den Deutschen Meisterschaften 2005 in Wattenscheid bei 20,20 Sekunden.
Hinweis: Die Leichtathletik-DM ist Teil der Multisport-Veranstaltung „Die Finals 2023“. ARD und ZDF übertragen im TV-Programm und im Stream an beiden Tagen live aus Kassel.
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