Bei den 114. Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften an diesen Wochenende in Ulm sind gleich ein halbes Dutzend Athleten des Trackteam Burg-Wächter mit dabei. Das Sextett startet allerdings mit ganz unterschiedlichen Zielsetzungen im Donaustadion. Die einen wollen ein Wörtchen bei der Medaillenvergabe mitreden und peilen sogar einen EM-Start an, die anderen möchten wichtige Erfahrungen für die sportliche Zukunft sammeln.
Lena Malkus > Als Nummer zwei der deutschen Bestenliste reist Weitspringerin Lena Malkus zur DM am Wochenende nach Ulm. Auf 6,88 Meter war die U23-Europameisterin vom SC Preußen Münster Ende Mai in Weinheim geflogen. Damit übertraf die Psychologie-Studentin die Norm für die EM in Zürich (12. bis 17 August) gleich um satte 18 Zentimeter. Damit ist sie aber nicht allein. Drei weitere deutsche Weitspringerinnen haben die EM-Norm ebenfalls in der Tasche, dahinter lauern außerdem noch aussichtsreiche Außenseiterinnen. Damit geht es in Ulm auch endgültig um die EM-Fahrkarte. Das weiß Lena Malkus: „Die Konkurrenz ist eng. Ich möchte den Wettkampf genießen und um die Medaillen mitspringen.“ Landet die Münsteranerin auf dem Podium, dürfte ihr auch das EM-Ticket nicht mehr zu nehmen sein.
Dass ihre erste Medaille bei einer Freiluft-DM in der Frauenklasse – es ist Malkus‘ zweiter Start nach 2010 – in Reichweite ist, belegten die letzten Trainingsergebnisse. „Die Form ist da“, sagte die 20-Jährige wenige Tage vor dem Finale am Sonntag. Doch zu der guten körperlichen Verfassung muss auch die richtige Technik kommen. Da hatte sie zuletzt in Rhede Probleme und sprang nur zu flüchtig ab. Daran hat Malkus aber zusammen mit ihrer Trainerin Elke Bartschaft verstärkt gearbeitet. Schon in den letzten drei Sprüngen beim Meeting in Rhede klappte das besser, nun soll es auch in Ulm gelingen.
Malkus‘ größte Konkurrentinnen auf dem Weg zur Medaille konnten in dieser Saison auch bereits überzeugen. Das DM-Feld wird angeführt von Malaika Mihambo. Die Team-Europameisterin sprang in Braunschweig 6,90 Meter und sorgte davor für weitere Weltklasse-Weiten. Allerdings hatte sie zuletzt mit einer Fersenprellung zu kämpfen. Ein „Andenken“ vom Wettkampf Mitte Juli in Rhede. Nur acht Zentimeter dahinter hat sich Sosthene Moguenara in Position gebracht. Die Wattenscheiderin reist mit der stärksten Bestleistung (7,04 m) nach Ulm. Ihr bestes Jahr seit 2009 erlebt Melanie Bauschke. Die Berlinerin sprang in Weinheim 6,72 Meter. Das ist die zweitbeste Weite seit ihrem Sieg bei der U23-DM 2009 in Kaunas (6,83 m). Diese Ausgangsposition fürs Finale am Sonntagnachmittag verspricht Spannung pur.
Maya Rehberg > Es wird ihr erstes Bahn-Rennen in Deutschland seit fast genau einem Jahr: Am 28. Juli 2013 wurde Maya Rehberg (SC Rönnau 74) Deutsche Jugendmeisterin in Rostock über 3000 und 2000 Meter Hindernis. Danach ging sie für ein knappes Jahr zum Studium in die Nähe von New York und blieb im NCAA-Finale in Juni erstmals über 3000 Meter Hindernis unter zehn Minuten (9:55,73 min). Seit knapp einen Monat ist die Langstrecklerin wieder zurück und bereit für neue Aufgaben.
Die erste wartet am Sonntagnachmittag (15:40 Uhr) bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm. Dort hat die 20-Jährige den zweiten Hindernisplatz aus dem Vorjahr zu verteidigen. Doch diesmal ist die Aufgabe um einiges schwieriger. Mit ihrer Bestzeit rangiert Rehberg „nur“ auf Platz vier der Meldeliste. Die Spitze ist noch ein wenig schneller unterwegs. Die Olympia-Finalistinnen Antje Möldner-Schmidt (9:38,30 min) und Gesa Felicitas Krause (9:38,40 min) liegen fast gleichauf. Dahinter folgt die Rückkehrerin Jana Sussmann. Die Hamburgerin hatte in den vergangenen Jahren mit einigen Verletzungen zu kämpfen, lief bei ihrem Comeback am vergangenen Samstag in Heusden-Zolder mit 9:43,52 Minuten aber nur um 1,52 Sekunden an der EM-Norm für Zürich vorbei. Mit vier weiteren Starterinnen unter 10:10 Minuten könnte es das hochklassigste DM-Finale in der immer noch jungen Disziplin werden.
Maya Rehberg bereitete sich zuletzt in Südschweden auf die DM vor. Zwar lief ein 1500-Meter-Test (4:29,97 min) nicht ganz nach Wunsch, doch meldete die U20-EM-Dritte ordentliche Trainingswerte: „Ich habe gute Einheiten absolviert und freue mich darauf, wieder gegen die deutsche Konkurrenz zu laufen“, sagte Rehberg. Da Jana Sussmann noch auf einen Zürich-Start hofft und daher wohl für Tempo sorgen wird, könnte die Bad Segebergerin davon profitieren. Vielleicht geht es für sie im Donaustadion ja sogar Richtung Bestzeit?
Gleich zwei Stabhochspringerinnen schickt das Trackteam am Samstag (14:10 Uhr) ins Ulmer DM-Rennen. Desiree Singh (LG Lippe-Süd) und Lilli Schnitzerling (TSV Bayer 04 Leverkusen) waren nicht nur über viele Jahre eine Trainingsgemeinschaft, sondern zeigten zuletzt auch deutlich aufsteigende Form. Singh sprang vergangenes Wochenende in Wipperfürth mit 4,36 Metern Bestleistung, Schnitzerling blieb mit 4,26 Metern nur vier Zentimeter unter ihrem Hausrekord. Als Belohnung für die guten Leistungen wurden beide sogar für einen U23-Ländervergleich am kommenden Mittwoch in Jockgrim nominiert. Dort tritt das Duo im Nationaltrikot an.
Desiree Singh > Nach ihrer Bestleistung geht Desiree Singh voller Selbstvertrauen in die Deutschen Meisterschaften. Natürlich gehört sie (noch) nicht zu den Medaillenkandidatinnen. Für die Fachabiturientin geht es darum, ihre aktuell gute Form noch einmal vor großer Kulisse zu bestätigen. „Ich bin gespannt, was in Ulm noch möglich ist“, sagte die U18-Weltmeisterin von 2011 nach ihrem 4,36-Meter-Sprung von Wipperfürth.
Eine weitere deutliche Steigerung sollte man von Olaf Hilkers Schützling allerdings nicht erwarten. Der Grund: Singh sprang zuletzt schon ihren härtesten Stab. Für noch größere Höhen sollen für die kommende Saison neue besorgt werden. Die erste Herausforderung könnte in Ulm übrigens schon die Anfangshöhe werden. Auf 4,00 Metern wird die Latte am Samstag gleich zu Beginn gelegt. Normalerweise steigt Singh 10 bis 20 Zentimeter niedriger ein.
Noch um einige Zentimeter weiter oben werden die Favoritinnen in die DM-Entscheidung einsteigen. Trotz des Fehlens der verletzten Top-Springerinnen Silke Spiegelburg, Marina Strutz und Kristina Gadschiew hat schon ein Trio die EM-Norm von 4,50 Metern in der Tasche. Lisa Ryzih führt sogar mit 4,71 Metern die Europa-Bestenliste an, dahinter folgen Katharina Bauer (4,55 m) und Carolin Hingst (4,50 m) sowie ein breites Mittelfeld mit Desiree Singh. Gelingt ihr eine ähnliche Höhe wie in Wipperfürth, ist ein Top-Acht-Platz in Reichweite.
Lilli Schnitzerling > Nur zweimal ist Lilli Schnitzerling in ihrer Karriere höher gesprungen als am Wochenende in Wipperfürth. Sie geht nach den 4,26 Metern – Steigerung ihrer Saisonbestleistung um elf Zentimeter – mit ansteigender Form in die DM-Entscheidung am Samstag. Die Medizinstudentin hat sich nach einer Schienbeinverletzung im Winter in die Saison hereingekämpft. Nun soll eine weitere Steigerung bei der DM in Ulm folgen.
„Ich bin froh, dass ich endlich meine Trainingsleistungen umsetzen konnte. Nun bin ich bereit für die DM“, sagte Schnitzerling. Da einige arrivierte Springerinnen verletzt fehlen, könnte eine saubere Serie einen guten Platz bringen. „Plötzlich haben einige junge Athletinnen Chancen auf die Top 5“, schaut die Leverkusenerin voraus. Nach der DM ist für sie die Saison noch nicht vorbei. Am Mittwoch startet Schnitzerling beim U23-Ländervergleich in Jockgrim und freut sich, „endlich mal wieder das Nationaltrikot zu tragen“.
Patrick Zwicker > 800-Meter-Läufer Patrick Zwicker steht bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm vor einer schwierigen Aufgabe. Eigentlich geht es ja bei Meisterschaften um Titel und Medaillen. Doch der Rehlinger schielt – wie auch zwei andere Läufer – noch mit einem Auge auf die EM-Norm von 1:46,25 Minuten. Zwicker ist mit 1:46,69 Minuten schon auf Tuchfühlung, genauso wie Robin Schembera (1:46,33 min) und Andreas Lange (1:46,71 min). Dennis Krüger (1:45,79 min) und Timo Benitz (1:46,24 min) haben diese Vorgabe bereits unterboten. Sollte sich der 1500-Meter-Spezialist Benitz für einen EM-Start über die längere Distanz entscheiden, wären sogar noch zwei EM-Startplätze für Zürich zu vergeben. Gut möglich, dass es daher im Vorlauf einen gemeinsamen Norm-Versuch gibt. Es wäre nicht das erste Mal in der DM-Geschichte.
Im Finale am Sonntagnachmittag (16:20 Uhr) wird es dann wahrscheinlich wieder taktisch zur Sache gehen. Durch seine klar ansteigende Form fühlt sich Patrick Zwicker gut gerüstet für diese Aufgabe: „Die Liste der Favoriten ist zwar lang, doch ich fühle mich in der Lage, gute und kluge Rennen abzuliefern.“ Der 20-Jährige ist sich sicher, dass es schon in den Vorläufen zur Sache gehen wird. Bei elf Läufern mit Saisonbestzeiten unter 1:48 Minuten könnte der kleinste taktische Fehler das Aus bedeuten. Angst vor dieser Aufgabe hat der U20-Europameister aber nicht: „Ich will meine Position in der deutschen Spitze festigen und ein Zeichen für die Zukunft setzen.“ Nach einigen Rückschlägen zur Beginn der Saison spricht da wieder der angriffslustige Patrick Zwicker. Man darf gespannt sein auf das wohl engste Lauffinale des DM-Wochenendes.
Benedikt Stienen > Der Mann kriegt die Zwei-Kilo-Scheibe immer besser in den Griff: Diskuswerfer Benedikt Stienen (TSV Bayer 04 Leverkusen) steigerte vergangene Woche seine Saisonbestleistung auf glatte 58,00 Meter. Nun soll bei den Deutschen Meisterschaften am Sonntagnachmittag in Ulm eine neue Bestleistung her. Die steht seit vergangenem Jahr bei 59,44 Metern. „Meine körperlichen Voraussetzungen sind hervorragend. Leider fehlen mir nur ein paar Würfe in der Saisonvorbereitung. Das merkt man“, sagte der Student.
Damit meint Stienen seine Hüftverletzung, die ihm in Mai eine rund vierwöchige Zwangspause einbrockte. Danach kam er besser in Schwung und steigerte sich Schritt für Schritt in den vergangenen Wochen. So scheint für den Zwei-Meter-Mann in Ulm die 60-Meter-Marke in Reichweite zu kommen. Sieben DM-Konkurrenten haben diese Marke in diesem Jahr schon übertroffen, angeführt natürlich von Olympiasieger Robert Harting mit 68,47 Metern.
Durch die geballte Konkurrenz ist für Benedikt Stienen eine Medaille außer Reichweite, er rangiert auf Platz zehn der Meldeliste. Für ihn geht es darum, in den Endkampf der besten acht Werfer einzuziehen, um dann noch drei weitere Versuche zu haben. Auch nach Ulm wird er den Diskus nicht aus der Hand legen. „Ich will so viele Starts wie möglich mitnehmen“, sagte der Leverkusener. Der Startschuss für die Weitenjagd fällt am Sonntag (16:45 Uhr) im Donaustadion.
Die Trackteam-Startzeiten bei der DM in Ulm
Lena Malkus (Weitsprung)
Finale 27.07. (16:30 Uhr)
Maya Rehberg (3000 m Hindernis)
Finale 27.07. (15:40 Uhr)
Desiree Singh (Stabhochsprung)
Finale 26.07. (14:10 Uhr)
Lilli Schnitzerling (Stabhochsprung)
Finale 26.07. (14:10 Uhr)
Patrick Zwicker (800 m)
Vorlauf 26.07. (13:00 Uhr)
Finale 27.07. (16:20 Uhr)
Benedikt Stienen (Diskuswurf)
Finale 27.07. (16:45 Uhr)
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