Die Enttäuschung stand Sophie Krauel ins Gesicht geschrieben. Die Weitspringerin vom TuS Jena kämpfte nach dem DM-Finale in Wattenscheid am Sonntagnachmittag mit den Tränen. Es lag nicht am unddankbaren vierten Platz, sondern vielmehr an ihrer Weite von nur 6,38 Metern. „Ich wollte viel mehr erreichen. Aber die letzte Woche konnte ich kaum trainieren, weil die Achillessehne wieder geschmerzt hat“, sagte die 27-Jährige.
Das machte sich auch im Anlauf bemerkbar. Ihre Stärke – die Schnelligkeit am Brett – konnte die Pharmaziestudentin deshalb nicht wie gewohnt ausspielen. „Ich habe mich sehr langsam gefühlt“, beschrieb Krauel ihr Gefühl beim Springen. Nur einen Versuch habe sie gut erwischt – der war dann aber knapp ungültig.
Auch die anderen Springerinnen bissen sich im Lohrheidestadion die Zähne an EM- (6,65 m) und Olympia-Norm (6,75 m) aus. Doch das Endergebnis hatte wohl niemand erwartet. Denn für Top-Favoritin Sosthene Moguenara war der Wettkampf schon nach dem Vorkampf zu Ende. Die Wattenscheiderin hatte erneut massive Anlaufprobleme und landete mit indiskutablen 6,06 Metern nur auf Platz zehn. Damit war der Traum vom ersten DM-Titel im Freien vorbei.
Nach dem Ausscheiden der deutschen Nummer eins wurde das Finale zum Zentimeter-Krimi. Immer wieder verschoben sich die Positionen auf den Medaillenplätzen. Am Ende hatte Beatrice Marscheck überraschend die Nase vorn. Die Gießenerin steigerte sich im letzten Versuch auf 6,49 Meter, nachdem zuvor Melanie Bauschke mit 6,47 Metern in Führung gelegen hatte. „Im Training lief es zuletzt richtig gut. Ich hätte aber nicht gedacht, dass bei diesen Bedingungen 6,49 Meter zum Titel reichen“, sagte die Hessin. Bronze ging an Ksenia Achkinadze (SC Gelnhausen; 6,45 m). Dabei hatte die Deutsche Hallenmeisterin den Vorkampf als Achte nur ganz knapp überstanden.
Die zweite Trackteam-Weitspringerin, Lena Malkus, hatte nach einer Fersenprellung kurzfristig auf einen Start in Wattenscheid verzichtet. Für sie steht kommendes Wochenende in Mannheim die Qualifikation für die U20-WM drei Wochen später in Barcelona an. Um ihre Saisonhöhepunkte nicht zu gefährden, schnürte die 18-Jährige im Lohrheidestadion nicht die Spikes.
Viertelmeiler Niklas Zender konnte mit Rang vier im DM-Finale von Wattenscheid gut leben. Der Frankfurter hatte schon am Sonntagmorgen gespürt, dass die Beine nicht mehr so frisch waren wie im Vorlauf. „Ich konnte deshalb das schnelle Anfangstempo nicht mitgehen“, sagte der 21-Jährige. Mit 46,82 Sekunden verpasste Zender die Bronzemedaille um 36 Hundertstel.
Für seinen mutigen Beginn wurde Eric Krüger belohnt. Der Magdeburger hielt den Angriffen der Konkurrenz auf der Zielgeraden stand und holte in 46,15 Sekunden seinen ersten Titel bei Deutschen Meisterschaften. „Die letzten Meter waren richtig hart. Aber das Rennen Mann gegen Mann setzt immer noch Kräfte frei“, sagte der Magdeburger, der mit einer Vorleistung von 45,97 Sekunden auch als Final-Favorit gestartet war. Mit einer gewohnt starken Zielgerade sicherte sich der Dresdner Thomas Schneider (46,28 sec) wie 2010 Silber, Bronze ging an Kamghe Gaba (LG Stadtwerke München; 46,46 sec).
Im letzten DM-Finale gewann Niklas Zender doch noch eine Medaille. Die Frankfurter 4×400-Meter-Staffel musste sich mit 3:08,57 Minuten nur dem Quartett der LG Stadtwerke München geschlagen geben (3:07,91 min). Bis 50 Meter vor dem Ziel hatten die Frankfurter geführt, doch dann musste Clemens Höfer den starken Langhürdler David Gollnow passieren lassen. Rang drei ging mit 3:09,37 Minuten an den Dresdner SC.
Mit einer neuen Bestleistung im Gepäck trat Benedikt Stienen die Heimreise von den Deutschen Meisterschaften an. In Wattenscheid ließ der Diskuswerfer vom LAC Veltins Hochsauerland die Zwei-Kilo-Scheibe auf 58,32 Meter segeln und damit mehr als anderthalb Meter weiter als je zuvor. „Ich bin schwer in den Wettkampf gekommen, aber den Versuch habe ich super erwischt“, sagte der Zwei-Meter-Mann. In der Endabrechnung belegte der 20-Jährige überraschend Platz sechs. „Wenn alles optimal läuft, hätte ich vielleicht mit Platz acht gerechnet“, sagte Stienen, der nur als Zehnter der Meldeliste im Lohrheidestadion angetreten war. Nach vier Bestleistungen in diesem Sommer scheinen für den Studenten sogar schon bald die 60 Meter in Reichweite zu kommen.
DM-Gold ging natürlich an Robert Harting. Der zweifache Weltmeister aus Berlin setzte sich mit starken 67,79 Metern durch. „Der Wind hat uns heute ein bisschen geholfen, sonst wäre es nicht so weit gegangen“, schätzte Harting seine Leistung ein. Mit 64,48 Metern sicherte sich der Magdeburger Martin Wierig Silber, der dritte Podestplatz ging an Markus Münch (LG Wedel-Pinneberg; 63,17 m).
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