Die 112. Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften an diesem Wochenende in Wattenscheid sind der Auftakt zum „Super-Leichtathletikjahr 2012″. Schließlich geht es im Lohrheidestadion nicht nur um Titel und Medaillen, sondern auch gleich um die Normen für zwei internationale Höhepunkte: die EM in Helsinki Ende Juni und die Olympischen Spiele Anfang August in London. Erstmals werden EM und Olympia in einem Sommer ausgetragen, in Zukunft wird dieser „Doppel-Höhepunkt“ alle vier Jahre zum Leichtathletik-Alltag.
Die Olympia-Norm hat Hürdensprinter Gregor Traber schon abgehakt. Mit neuer Bestzeit von 13,47 Sekunden blieb der Tübinger Anfang Juni in Genf zwei Hundertstel unter der London-Vorgabe. Allerdings ist die nationale Konkurrenz so stark, dass selbst diese Zeit nicht automatisch für Olympia reichen muss. Denn mit dem Leipziger Alexander John (13,39 sec) und dem Titelverteidiger Matthias Bühler (LG Offenburg; 13,40 sec) waren schon zwei Hürdensprinter schneller als Traber. Auch Eric Balnuweit (LAZ Leipzig; 13,50 sec) hat sich der Norm genähert.
Trotz der pfeilschnellen Konkurrenz hat der 19 Jahre alte Tübinger klare Ziele für die DM (Finale: Samstag, 18:20 Uhr): „Es wird alles andere als einfach, aber ich will in Wattescheid gewinnen und glaube an mich und meine Stärken.“ Um wie in der Halle zu triumphieren, hat Gregor Traber zuletzt auf Wettkämpfe verzichtet und das Training nochmals intensiviert. Auch in Mannheim, wo die Konkurrenz die Top-Zeiten lief, war Traber nicht am Start. „Ich werde optimal auf die Rennen vorbereitet sein und freue mich auf ein spannendes DM-Finale“, schaut Traber aufs Wochenende.
Aus einer guten Ausgangsposition startet auch Niklas Zender bei den Deutschen Meisterschaften in Wattenscheid. Als Nummer fünf der Meldeliste tritt der Frankfurter am Wochenende im Lohrheidestadion an (Finale: Sonntag, 17:10 Uhr). Und seine 46,62 Sekunden von Anfang Juni aus Regensburg sollen noch lange nicht das letzte Wort gewesen sein. „In den vergangenen Wochen haben wir die Belastung etwas zurückgeschraubt. Ich merke, dass die Frische für schnelle Rennen kommt. Mein Ziel ist es, um die Medaillen mitzulaufen“, sagt der Medizinstudent.
Nach den Eindrücken der bisherigen Saison scheint Eric Krüger der Titelfavorit Nummer eins zu sein. Vergangenen Samstag blieb der Magdeburger in Mannheim mit 45,97 Sekunden erstmals unter der 46-Sekunden-Marke. Das gelang in diesem Jahr bisher noch keinem anderen deutschen Viertelmeiler. Dahinter lauern Hallen-Vize-Europameister Thomas Schneider (SC Potsdam), der Münchner Kamghe Gaba und Titelverteidiger Jonas Plass (Team Wendelstein) auf ihre Chance. Eine zweite Medaillenchance hat Niklas Zender übrigens noch mit der 4×400-Meter-Staffel. Das Frankfurter Quartett zählt neben den starken Münchnern zu den ersten Goldanwärtern.
Weitspringerin Sophie Krauel (LC Jena) startet am Sonntag (14:40 Uhr) erstmals seit 2009 wieder bei Deutschen Meisterschaften. Mit ihren nach langer Verletzungspause erzielten 6,50 Metern rangiert sie im Mittelfeld der Meldeliste. Allerdings ist die 27-Jährige eine wahre Meisterschaftsspringerin. Bei ihren bisher einzigen beiden DM-Starts – 2008 in Nürnberg und 2009 in Ulm – gewann sie jeweils überraschend den Titel. „Wenn es optimal läuft, kann ich um die Medaillen mitspringen“, schaut die Pharmaziestudentin auf die DM. Die Favoritenrolle gehört aber ganz allein Sosthene Moguenara. Die Wattenscheiderin erfüllte mit starken 6,88 Metern als bisher einzige deutsche Weitspringerin die Olympia-Norm für London (6,75 m). „Sosthene springt in diesem Jahr in ihrer eigenen Liga“, ist sich Krauel sicher. Außerdem darf sich die 22 Jahre alte Lokalmatadorin der Unterstützung der Fans sicher sein.
Vor den Olympischen Spielen Anfang August in London steht noch die EM in Helsinki Ende Juni auf dem Programm. Für einen Start sind 6,65 Meter gefordert. „Um das zu schaffen, muss ich einen Top-Sprung erwischen, ganz ausgeschlossen ist es aber nicht“, glaubt Sophie Krauel. Allerdings hat mehr als ein halbes Dutzend Springerinnen das Potenzial für die EM-Norm. Mit der zweitbesten Leistung reist Melanie Bauschke ins Lohrheidestadion. Die Berlinerin brachte es in diesem Jahr bisher auf 6,68 Meter. Dahinter lauert Sinje Florczak (LC Paderborn, 6,64 m) auf ihre Chance. Ihren Start in Wattenscheid musste hingegen ein bekanntes Gesicht absagen. Bianca Kappler (LC Rehlingen), die in ihrer Karriere achtmal weiter als 6,75 Meter sprang, muss verletzungsbedingt auf die Deutschen Meisterschaften verzichten.
Aus einer nicht so guten Ausgangsposition wie Sophie Krauel startet die zweite Trackteam-Weitspringerin Lena Malkus (LG Ratio Münster) bei der DM in Wattenscheid. Die 18-Jährige hatte zuletzt mit einer leichten Fersenprellung zu kämpfen und musste ihren letzten Wettkampf vergangenen Samstag in Mannheim frühzeitig beenden. Pünktlich vor den Deutschen Meisterschaften gab es aber Entwarnung: „Es ist nur eine leichte Verletzung. So wie es momentan aussieht, kann ich am Sonntag springen. Allerdings werde ich über den Start erst kurzfristig nach Rücksprache mit meinem Arzt entscheiden“, sagt die U20-Europameisterin.
Im Stabhochsprung stellt sich Lilli Schnitzerling (LG Lippe-Süd) der deutlich älteren Konkurrenz bei den Deutschen Meisterschaften in Wattenscheid. Am Samstag (16:20 Uhr) trifft die Detmolderin unter anderem auf die deutsche Rekordlerin Martina Strutz (SC Neubrandenburg) und die deutsche Hallenrekordlerin Silke Spiegelburg (TSV Bayer Leverkusen).
„Für mich sind die Meisterschaften natürlich kein Saisonhöhepunkt. Aber es ist ein Wettkampf, bei dem ich mich technisch gut präsentieren und meine Bestleistung von 4,25 Metern attackieren will. Natürlich wird es auch spannend, wie der Kampf um die Olympia-Tickets ausgeht“, sagte die Zweite der U20-EM. Die wichtigsten Wettkämpfe des Jahres stehen für Schnitzerling erst in den folgenden Wochen an. Sieben Tage nach den Deutschen Meisterschaften geht es in Mannheim um die Tickets für die U20-Weltmeisterschaften Mitte Juli in Barcelona. Bei diesen beiden Wettkämpfen will Schnitzerling in Top-Form antreten.
Die seit diesem Jahr gültige Regel zur Norm-Erfüllung für Deutsche Meisterschaften hat Sprinter Till Helmke einen Strich durch die Saisonplanung gemacht. Da nur bis zum 3. Juni erzielte Zeiten für die DM gezählt haben, reichten Helmkes zuvor gelaufene 10,70 Sekunden nicht für einen 100-Meter-Einzelstart an diesem Samstag in Wattenscheid. Zwar unterbot der Leverkusener am Samstag die geforderte DM-A-Norm um drei Hundertstel, doch kam die Steigerung auf 10,62 Sekunden zu spät. Besonders schade ist das für den 28-Jährigen, weil er nach einer Verletzung erst verspätet in die Saison gestartet ist und die DM so früh ausgetragen wird wie lange nicht mehr.
So wird Helmke voraussichtlich nur mit der Leverkusener 4×100-Meter-Staffel am Samstagmittag im Lohrheidestadion starten. Tritt das Quartett in Bestbesetzung an, ist durchaus eine Medaille in Reichweite. Die Favoriten kommen allerdings – wie in den vergangenen Jahren immer – aus Wattenscheid. Außerdem sind die Sprint-Aufsteiger vom SCC Berlin zu beachten. „Durch meine Achillessehnenverletzung bin ich erst wieder seit Mai im Bahntraining. Deshalb war es klar, dass die nationalen und internationalen Höhepunkte für mich dieses Jahr zu früh kommen. Trotzdem wollen wir mit der Staffel eine gute Rolle spielen“, schaut Helmke auf die Sprint-Finals der DM.
In einer der stärksten Konkurrenzen bei der DM in Wattenscheid wird Benedikt Stienen am Sonntag (14:35 Uhr) an den Start gehen. Der Diskuswerfer vom LAC Veltins Hochsauerland trifft im Lohrheidestadion unter anderem auf den zweifachen Weltmeister Robert Harting und die beiden Olympia-Aspiranten Markus Münch (LG Wedel/Pinneberg) und Martin Wierig (SC Neubrandenburg), die schon die London-Norm von 65,00 Metern deutlich übertreffen konnten. Mit 56,71 Metern liegt Benedikt Stienen in seinem ersten Jahr in der Männerklasse auf Platz zehn der DM-Meldeliste. „Mein Ziel ist ein Platz unter den ersten Acht. Zuletzt habe ich im Trainingslager am Drehtempo gearbeitet. Wenn ich das umsetzen kann, ist eine Steigerung möglich“, fasste der 20-Jährige die letzten Trainingswochen zusammen.
Die Startzeiten bei der DM in Wattenscheid
Till Helmke
4×100 Meter Finale 16.06. (12:40 Uhr)
Niklas Zender
400 Meter Vorlauf 16.06. (16:20 Uhr)
400 Meter Finale 17.06. (17:10 Uhr)
4×400 Meter Finale 17.06. (18:35 Uhr)
Robin Schembera
800 Meter Vorlauf 16.06. (14:50 Uhr)
800 Meter Finale 17.06. (18:35 Uhr)
Gregor Traber
110 Meter Hürden Vorlauf 16.06. (15:40 Uhr)
110 Meter Hürden Finale 16.06. (18:20 Uhr)
Lilli Schnitzerling
Stabhochsprung Finale 16.06. (16:20 Uhr)
Sophie Krauel
Weitsprung Finale 17.06. (14:40 Uhr)
Lena Malkus
Weitsprung Finale 17.06. (14:40 Uhr)
Benedikt Stienen
Diskuswurf Finale 17.06. (14:35 Uhr)
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