Als 13. der europäischen U23-Jahresbestenliste nimmt Maya Rehberg (SG TSV Kronshagen/Kieler TB) Anlauf auf die U23-EM in Tallinn. Eine nicht gerade optimale Ausgangsposition der Hindernisläuferin für den Vorlauf am Donnerstag und das Finale am Samstag – möchte man meinen. Doch manchmal täuschen Statistiken. Denn die 21-Jährige hat in diesem Jahr erst ein Hindernisrennen (10:02,01 min) absolviert. Im Interview spricht die die Dritte der U20-EM von 2013 über ihre Ziele, die starke Konkurrenz und Entzugserscheinungen von den Hindernissen.
Maya Rehberg, haben Sie eigentlich schon Entzugserscheinungen von den Hindernissen?
Ein bisschen vielleicht (lacht). Aber dagegen kämpfen wir mit vielen Technikeinheiten an und wollen so die wenigen Hindernis-Wettkämpfe in diesem Jahr kompensieren.
Wenig ist gut: Sie sind 2015 bisher erst ein Rennen über 3000 Meter Hindernis gelaufen. Das war vor rund sechs Wochen in Rehlingen. Wieso haben Sie sich zuletzt auf die Flachstrecken konzentriert?
Wer über die Hindernisse flott unterwegs sein will, muss zunächst einmal schnell laufen können. Und dazu muss der Laufstil stimmen. Da mein Trainer Andreas Fuchs und ich den Schwerpunkt diese Saison auf die Verbesserung des Laufbildes legen wollten, war es uns wichtig, Rennen ohne Hindernisse zu laufen. Denn dort „rollt“ es leichter. Und bisher ist der Plan echt gut aufgegangen! Jetzt fehlt nur noch die schnelle Zeit auf der Paradestrecke.
Sie haben es gerade angesprochen: Im EM-Vorfeld sind Sie in Osterode mit 9:15,39 Minuten Bestzeit über 3000 Meter gelaufen. Auch Ihre 1500-Meter-Zeit war stark. Noch steht Ihre Hindernis-Bestzeit bei 9:55,73 Minuten. Kann es in Tallinn Richtung 9:50 Minuten gehen?
Das Vermögen ist da, das spüre ich. Wenn es der Rennverlauf hergibt, möchte ich auf jeden Fall in den Bereich kommen. Allerdings haben Meisterschaftsrennen oft ihre eigenen Regeln und können auch erst in einem Steigerungslauf auf dem letzten Kilometer entschieden werden. Aber generell sagt man, dass man in etwa 30 bis 35 Sekunden langsamer ist als auf der Flachstrecke. Da wäre man in meinem Fall bei um oder unter 9:50 Minuten.
Vergangenes Jahr sind Sie als Studentin in den USA deutlich mehr gestartet, beispielweise haben Sie im Juni binnen zwei Wochen drei Hindernisrennen bestritten. War das zu viel?
Das gehört in den USA einfach dazu. Meine Saisonplanung war mit den US-Studentenmeisterschaften auf einen früheren Höhepunkt ausgerichtet. Und genau dort konnte ich im Finale meine Bestzeit laufen. Es hat also gut gepasst. Für Studierende in den USA ist im Juli die Saison eigentlich schon vorbei, während in Europa die wichtigen Rennen erst anstehen. Deswegen lässt sich beides auch nur schwer vereinbaren.
Welche Eindrücke haben Sie aus Ihren neun Monaten in den USA mitgenommen?
Ich habe die USA kennengelernt und tolle Menschen getroffen. So durfte ich mit Sportlern aus der ganzen Welt fürs Iona College in einem Team starten. Dazu bin ich in Städten wie New York, Eugene, Boston und San Francisco gelaufen. Solche Erlebnisse prägen einen jungen Sportler.
Aus den USA zurück nach Europa: Am Donnerstag dürfen Sie endlich wieder über die Hindernisse ran. Dann steht bei der U23-EM um 15 Uhr der Vorlauf an. Mit welchen Zielen reisen Sie nach Tallinn?
Die Konkurrenz ist echt stark. Es sind 30 Frauen gemeldet, knapp die Hälfte davon ist schon unter 10:00 Minuten geblieben, drei sogar unter 9:40 Minuten und damit unter der deutschen WM-Norm für Peking. Ich weiß, dass ich gut trainiert habe und die Zubringerwerte stimmen. Wenn ich meine Form aus Osterode über die Hindernisse umsetzen kann, wird’s am Donnerstag ein gutes Rennen mit der Qualifikation fürs Finale.
Wie man eben schon gemerkt hat, sind Sie ein Athletin, die die Konkurrenz genau analysiert. Zu welchem Schluss sind Sie gekommen, was die mögliche Platzierung angeht?
Von der Papierform ist von Platz vier bis zehn alles möglich. Aber 3000 Meter sind lang und gerade in Hindernisrennen kann viel passieren. Die Taktik im Finale hängt dann davon ab, was die drei Top-Läuferinnen der Meldeliste machen. Wenn es richtig schnell wird, sollte man nicht mitgehen, das kann unangenehm enden. Denn eine Zeit unter 9:40 Minuten kann ich noch nicht laufen. Wenn ich auf dem letzten Kilometer noch Kraft habe, ist schon viel gewonnen.
Nach Ihrer Rückkehr aus den USA hat sich in Ihrem Umfeld einiges verändert. Sie sind nach Kiel gezogen und trainieren in der Gruppe von Andreas Fuchs, der schon Steffen Uliczka in die europäische Hindernisspitze geführt hat. Setzt er andere Schwerpunkte als zuvor Ihre Mutter Carmen?
Eigentlich nicht. Die Komponenten des Trainings sind sehr ähnlich, aber natürlich steigern sich mit dem Alter langsam die Umfänge.
Mit dem Umzug nach Kiel ging der Wechsel zur SG TSV Kronshagen/Kieler TB einher. Mal ganz ehrlich: Waren Sie das schrille neongelbe Trikot des SC Rönnau 74 satt?
Dieses wunderhübsche Trikot werde ich nie satt haben. Schließlich hat es einen entscheidenden Vorteil: Man erkennt Vereinsmitglieder auch aus einem Kilometer Entfernung (lacht). Nein, Spaß beiseite: Ich bin zum Studium nach Kiel gegangen. Da ich dort auch trainieren wollte, war der Wechsel nur der logische Schritt.
Schreibe einen Kommentar