„Ich warte seit Wochen auf diesen Tag…“ Mit der Songzeile des Sommerhits „Tage wie diese“ von den Toten Hosen hatte sich Lena Malkus (LG Ratio Münster) am Freitagnachmittag auf „Facebook“ aufs Weitsprung-Finale der U20-WM in Barcelona am Abend eingestimmt. Die 18-Jährige sollte recht behalten, denn es sollte ihr silberner Tag werden – wenn auch erst im sechsten Versuch.
Angeschoben von 2,7 Metern pro Sekunde Rückenwind katapultierte sich die Abiturientin auf dem Montjuic auf fantastische 6,80 Meter. Dabei traf die U20-Europameisterin noch nicht einmal das Brett und verschenkte – rein rechnerisch – 22 Zentimeter Weite. Als Malkus den Abdruck im Sand sah, hob sie schon leicht die Hände zum Jubel, aber als die Ziffern 6,80 auf der Anzeigetafel erschienen, kannte die Freude keine Grenzen. Schließlich hatte sich die Münsteranerin mit ihrem finalen Versuch noch von Platz sechs (6,47 m und damit dieselbe Weite wie in der Qualifikation) auf zwei nach vorn geschoben. „Ich wusste vor dem Sprung, dass es weit gehen würde“, sagte Malkus. Schließlich landete ihr fünfter – deutlich übergetretener Versuch (+4,4 m/sec Rückenwind) – schon etwa bei der Sieben-Meter-Marke.
Dass es nach Gold bei den Olympischen Jugendspielen 2010 und der U20-EM 2011 ganz knapp nicht zum dritten großen Titel reichte, lag an einer Siebenkämpferin. Die Britin Katarina Johnson-Thompson – Olympia-Starterin in London – sprang im dritten Versuch bei 2,5 Metern pro Sekunde Rückenwind einen Zentimeter weiter als Lena Malkus. „Natürlich ist es schade, dass ein Zentimeter zum Titel gefehlt hat. Aber ich war nur im allerersten Moment enttäuscht“, sagte die 18-Jährige. Bronze ging an Jazmin Sawyers. Die Britin steigerte bei gültigem Wind die U20-Weltjahresbestleistung im ersten Anlauf auf 6,67 Meter. Es blieb ihr einziger gültiger Sprung.
Betrachtet man das Weitsprung-Finale in seiner Gesamtheit, so war es eines der bisher hochklassigsten bei der U20-WM. So reichten 6,51 Meter für die Brasilianerin Jessica Carolina dos Reis nur zu Platz fünf. Und wieder einmal bewies Lena Malkus ihre Nervenstärke. Wie bei den Deutschen Hallenmeisterschaften Ende Februar in Karlsruhe katapultierte sie sich aus einer scheinbar aussichtslosen Position auf den Silberplatz. Sie schien wirklich auf diesen Freitag und diesen letzten Versuch gewartet zu haben. Das Resultat war umso beeindruckender.
Den Blick auf die wackelnde Latte gerichtet, die Zeigefinger in die Luft gestreckt und dann der laute Jubel: Als sich Falk Wendrich (LAZ Soest) bei der U20-WM in Barcelona im dritten Versuch über 2,24 Meter geschraubt hatte, war ihm die Medaille nicht mehr zu nehmen. Der erst 17-Jährige hielt mit einer Steigerung seiner Bestleistung um vier Zentimeter deutlich stärker eingeschätzte Konkurrenten in Schach und holte sich völlig überraschend die Silbermedaille. Dabei ist der Schüler noch so jung, dass er auch noch bei der nächsten U20-WM starten darf. „Silber war einfach super, aber 2014 will ich in Eugene Gold gewinnen“, jubelte Wendrich nach seinem Medaillen-Coup auf dem Montjuic.
Besser war im Olympiastadion von 1992 nur Andrei Churyla. Der Weißrusse überflog die 2,24 Meter im zweiten Anlauf. Hätte der neue U20-Weltmeister diese Marke wie Wendrich im dritten Versuch gemeistert, hätten beide ein Stechen um den Titel machen müssen. Das zeigt auch, wie eng es im Springen um Gold zuging. Rang drei ging an Ryan Ingraham. Der mit 2,28 Meter angereiste Mann von den Bahamas nahm ebenfalls im dritten Versuch 2,24 Meter, hatte aber im Gegensatz zum jungen Soester einen Fehlversuch bei 2,13 Metern.
Ganz nebenbei überflügelte Wendrich sein Idol Dietmar Mögenburg. Der Olympiasieger von 1984 war sechs Jahre zuvor 2,23 Meter gesprungen. Das war bis Freitagabend deutsche U18-Bestleistung. Nun wird der Name Falk Wendrich in den Rekordlisten auftauchen. „Ich durfte ihn im Winter beim Springermeeting in Wuppertal kennenlernen. Er hat mir sogar gleich ein paar Tipps gegeben“, erzählte der Hochsprung-Youngster.
Obwohl der Schüler die neue Bestmarke auf der pfeilschnellen Mondo-Bahn von Barcelona erzielte, die seiner Technik entgegenkommt, ist es nicht ausgeschlossen, dass Falk Wendrich in den kommenden Wochen seine U18-Bestleistung noch um den einen oder anderen Zentimeter steigert. Schon am kommenden Freitag startet der Soester bei der Jugend-DM in Mönchengladbach.
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